Gangmuster Hinweis auf Depressionen
Der Gang kann einiges über den Gesundheitszustand aussagen. Dies gilt laut einer aktuellen Studie auch für die psychische Gesundheit und die Stimmungslage. So zeigen depressive Menschen Abweichungen im Gangmuster gegenüber gesunden Personen und allgemein sind Veränderungen des Gehens in Richtung eines dynamischeren Ganges mit Verbesserungen der Stimmung assoziiert.
Das Forschungsteam um Professor Johannes Michalak von der Universität Witten/Herdecke (UW/H) und Dr. Dirk Adolph von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) hat in seiner Studie die Zusammenhänge zwischen dem Gang und Depressionen untersucht und dabei nachgewiesen, dass bestimmte Gangmuster im Alltag kennzeichnend für Depressionen sind. Zudem habe eine dynamische Art des Gehens Verbesserungen der Stimmung vorhergesagt, berichtet die UW/H von den Studienergebnisse. Veröffentlicht wurde die Studie in dem Fachmagazin „Cognitive Therapy and Research“.
Gesundheit am Gang erkennen?
In verschiedenen früheren Untersuchungen wurde bereits der Gang als Hinweis auf kognitive Beeinträchtigungen beziehungsweise als Frühwarnzeichen für Demenz identifiziert und auch einen Zusammenhang der Ganggeschwindigkeit mit dem frühzeitigen Sterberisiko haben Forschende bereits nachgewiesen. Aus Laborstudien war zudem bekannt, dass bei Depressionen ebenfalls ein Zusammenhang mit dem Gang zu bestehen scheint.
Spezielle Gangmuster bei Depressionen
So zeigten depressive Personen in den Laborstudien tendenziell bestimmte Gangmuster mit einer reduzierten Gehgeschwindigkeit, einer geringeren vertikalen Auf- und Abwärtsbewegungen, größeren seitlichen Schwankbewegungen und einer zusammengesackten Körperhaltung.„Da jedoch die meisten bisherigen Studien den Gang im Labor untersuchten, blieb die Frage offen, ob diese Assoziation auch in natürlicheren, alltäglichen Situationen besteht“, berichten die Forschenden.
Untersuchung des Gangs im Alltag
Bei 35 akut depressiven Patientinnen und Patienten sowie einer Stichprobe von 36 gesunden Personen hat das Forschungsteam daher nun den Gang über zwei Tage mit tragbaren Messgeräten erfasst und wiederholt die aktuelle Stimmung der Teilnehmenden beurteilt. „Bisher haben wir Gangmuster immer nur im Labor untersucht, jetzt konnten wir auch im Alltag Unterschiede im Gangmuster zwischen depressiven Personen und gesunden Probanden finden“, fasst Professor Dr. Johannes Michalak von der UW/H die Studienergebnisse zusammen.
Vorhersage der Stimmungslage möglich?
So war der Gang der depressiven Personen im Vergleich zu der Kontrollgruppe langsamer, gebeugter und mit weniger Dynamik in der Auf- und Abbewegung des Körpers, was die Ergebnisse aus den früheren Laborstudien bestätige, berichten die Forschenden. Allerdings gewannen sie noch weitere interessante Erkenntnisse. Offenbar kann man „aus der Gangart vorhersagen, wie sich die Stimmung in der nahen Zukunft entwickeln wird“, berichtet Professor Michalak.
Dynamischer Gang mit positiven Effekten
Bei den Depressiven und bei den Gesunden habe sich gezeigt, dass bei Personen, die innerhalb einer Stunde schneller und dynamischer gegangen waren, eine Verbesserung der positiven Stimmung in diesem Zeitraum eintritt, erläutert das Forschungsteam. Auswirkungen des Gangmusters auf die negative Stimmung seien indes nicht feststellbar gewesen. Jedoch wurden auch „erst einmal die kurzfristigen Auswirkungen des Gangmusters untersucht,“ betont Professor Michalak.
Frühere Studienergebnisse bestätigt
Insgesamt passen die Befunde gut „zu den Ergebnissen vieler Laborstudien, in denen sich gezeigt hat, dass Körperhaltungen und Bewegungsmuster sich auf die Stimmung auswirken“, so Dr. Adolph. „Außerdem könnten diese Befunde der Ausgangspunkt dafür sein, neue Behandlungsformen für Depressionen zu entwickeln, die Depressiven dabei unterstützen, ihre Körperhaltung und ihre Bewegungsmuster zu verändern“, ergänzt der Experte.
Hoffnung auf neue Therapieansätze
Die Forschenden hoffen mit ihren Erkenntnissen einen Beitrag zur Entwicklung von neuen Behandlungsmöglichkeiten für depressiven Patientinnen und Patienten zu leisten. Doch zunächst seien „weitergehende Untersuchungen notwendig, um zu überprüfen, ob solche Behandlungen auch wirklich langfristig zu einer Reduktion der depressiven Symptomatik beitragen können“, betont Dr. Adolph. (fp)
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