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Positiver Nebeneffekt der Pandemie?: So verändert Einsamkeit die Strukturen des Gehirns

Menschen sind soziale Wesen und fürchten das Alleinsein. Einsamkeit gilt daher als ein gesellschaftliches Problem, das sich durch den neuerlichen Lockdown weiter verschärft hat.

Laut den Ergebnissen einer britischen Langzeit-Studie, die im Fachmagazin ‚Lancet Psychology‘ veröffentlich wurde, ist Einsamkeit zum Beispiel ein Schlüsselfaktor für Altersdepressionen.

Ein kanadisches Forscherteam der McGill Universität in Montreal hat nun die spezifischen Auswirkungen von Einsamkeit auf das Gehirn untersucht und kommt zu dem erfreulichen Schluss, dass sie auch positive Effekte haben kann. Denn die Ergebnisse, die im Fachmagazin ’nature.com‘ veröffentlicht wurden, zeigten dass bestimmte Hirnareale durchaus profitieren.

Einsamkeit hat direkte Auswirkungen auf das menschliche Hirn

Die kanadischen Forschinnen und Forscher werteten für ihre Studie 40.000 Gehirn-Scans aus, die von einer britischen Datenbank zur Verfügung gestellt worden waren.

Das Alter der Probandinnen und Probanen lag zwischen 40 und 69 Jahren. Die Forschenden führten auch eine Befragung durch, im Rahmen derer sich etwa 13 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer als einsam bezeichneten.

Dann verglichen sie deren Scans gezielt mit denen der anderen – und fanden schließlich spezifische neuronale Ausprägungen.

Einige Hirn-Areale bei Einsamkeit stärker ausgeprägt

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wurden vor allem in bestimmten Bereichen der Gehirnrinde, der sogenannten Grauen Substanz, fündig.

Diese Areale bilden wiederum das sogenannte Ruhezustandsnetzwerk, das für Gedankenprozesse wie die Erinnerung, Vorausplanung und Vorstellungskraft zuständig ist.

Diese Areale waren bei den Einsamen besonders stark vernetzt. Außerdem war der Fornix, ein Nervenbündel, das den Hippocampus – der Teil des Gehirns, der sensorischen Informationen verarbeitet – mit dem Ruhezustandsnetzwerk verbindet, stärker ausgebildet.

Einsamkeit fördert die Vorstellungskraft

Studienleiter Nathan Spreng sieht die Ursache für diese neurologischen Besonderheiten in einer Art Trainingseffekt.

In Ermangelung von sozialen Kontakten und Erfahrungen würden einsame Menschen besonders intensiv ihre Vorstellungskraft nutzen, um zum Beispiel in alten Erinnerungen zu schwelgen oder um hoffnungsvolle Gedanken an die Zukunft zu entwickeln.

Die beteiligten Gehirnareale sind bei ihnen damit länger und intensiver aktiv, als bei jenen, die ein normales Maß an sozialen Kontakten erleben. Davon profitiere das Ruhezustandsnetzwerk.

Einsamkeit bleibt eine Gefahr für die mentale Gesundheit

Spreng und seine Kollegen gestehen in der Studie aber auch ein, dass die genaueren neuronalen Zusammenhänge noch weiterer Erforschung bedürfen. 

Und eines müsse ebenfalls klar sein: Auch wenn die Areale des Ruhezustandsnetzwerks aktiver und stärker ausgeprägt sind, ändert das nichts an der Tatsache, dass Einsamkeit ein schweres Risiko für die psychische Gesundheit darstellt.

Erinnerungen, Grübeln und Tagträume sind kein Ersatz für soziale Kontakte.

Zahlreiche Untersuchungen, wie zum Beispiel eine Studie der Universität Versailles aus dem Jahr 2019, haben gezeigt, dass einsame Menschen um bis zu 2,5 Mal häufiger an psychischen Erkrankungen leiden.

Bei ihnen treten vor allem Depressionen, Zwangs- und Angststörungen auf. Und daran könne auch ein gut trainiertes Ruhezustandsnetzwerk nichts ändern.

Dieser Artikel erschien zuerst auf bunte.de.

Quellen

  • Lee, S. et al. (2020): The association between loneliness and depressive symptoms among adults aged 50 years and older: a 12-year population-based cohort study, abgerufen am 22.12.2020: https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(20)30383-7/fulltext#%20
  • Spreng, R.N. et al. (2020): The default network of the human brain is associated with perceived social isolation, abgerufen am 22.12.2020: https://www.nature.com/articles/s41467-020-20039-w

Bunte.de Redaktion

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