Gesundheit

Corona-Mutanten: Biontech-Chef Uğur Şahin sieht derzeit keine Notwendigkeit für Impfstoff-Wechsel

Die Impfungen gegen das Coronavirus nehmen in der EU allmählich an Fahrt auf: Drei Impfstoffe sind gegen das Coronavirus zugelassen, mehr als 5,2 Millionen Impfstoffdosen wurden allein in Deutschland bisher verabreicht. Neu auftretende Corona-Mutanten bereiten Forschenden und Experten allerdings Sorgen: Könnten sie die Wirksamkeit der Impfstoffe herabsetzen – oder sie gar unwirksam machen?

Gefahr durch Mutanten


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Ganz unbegründet ist diese Sorge nicht. Die derzeit zugelassenen Vakzine wurden zu einer Zeit entwickelt, als überwiegend der ursprüngliche Wildtyp des Coronavirus zirkulierte. Neue, potenziell ansteckendere Mutanten besitzen jedoch Veränderungen an genau jener Stelle, gegen die auch die Impfstoffe vorgehen: dem Spike-Protein des Virus. Mithilfe dieses Proteins dockt das Virus an menschliche Zellen an.

Für die aus Südafrika stammende Variante B.1.351 gibt es bereits erste Hinweise aus klinischen Daten und Laborexperimenten, dass die zugelassenen Impfstoffe womöglich weniger effektiv wirken könnten. Impfungen mit dem Vakzin aus dem Hause AstraZeneca wurden in Südafrika deshalb zeitweise unterbrochen. 

Anders sieht es mit der britischen Variante B.1.1.7 aus, die sich derzeit besonders stark in Deutschland ausbreitet. Hier scheinen die zugelassenen Impfstoffe gut zu wirken. Das Virus gilt allerdings als ansteckender, was zu der stärkeren Verbreitung führt.

Biontech-Chef zu Corona-Mutanten

In einer Gesprächsrunde mit Journalist*innen gab Biontech-Chef Uğur Şahin eine Einschätzung zur aktuellen Lage. Biontech und die US-Pharmafirma Pfizer stehen hinter dem Corona-Impfstoff Comirnaty. In den Zulassungsstudien zeigte der Impfstoff eine sehr hohe Wirksamkeit von rund 95 Prozent. Erste "real-world"-Daten sind auch vielversprechend. 

Die Situation sei "noch ein bisschen unübersichtlich", so der Biontech-Chef. "Es sind ja unterschiedliche Virus-Varianten unterwegs." Biontech arbeite fortlaufend daran, die Wirksamkeit des Impfstoffes gegen verschiedene Mutationen im Labor zu untersuchen. Verwendet werden dafür Blutproben von geimpften Menschen, aus denen ein Serum gewonnen wird. Im Anschluss wird geprüft, wie gut die Antikörper im Serum die verschiedenen Virus-Mutanten im Labor neutralisieren können.

"Wir sehen, dass wir die brasilianische Variante gut adressieren können. Wir sehen, dass wir die UK-Variante sehr gut neutralisieren können", so der Mediziner. Bei der südafrikanischen Variante habe es dagegen "gewisse Abstriche" gegeben. Erwartet wird aber, dass der Impfstoff auch gegen diese Variante ausreichend wirksam sein werde, so der Biontech-Chef. Es fehle allerdings noch an klinischen Daten. 

Eine akute Notwendigkeit, den Corona-Impfstoff auszutauschen, sieht Uğur Şahin derzeit nicht. Sollte der Fall eintreten, dass eine Variante zunehmend schwächer von dem Impfstoff abgedeckt werde, gäbe es zunächst "noch andere Möglichkeiten, mit denen man reagieren kann", so Şahin. Denkbar sei etwa eine weitere Boost-Impfung.

Schnelle Umstellung möglich

Sollte dennoch eine Impfstoff-Aktualisierung notwendig werden, kann diese laut Hersteller-Angaben zumindest für die RNA-Impfstoffe (Biontech/Pfizer bzw. Moderna) relativ zügig realisiert werden. Für die Umstellung des Impfstoffs werden schätzungsweise gut sechs Wochen benötigt – weitere sechs Wochen für die Herstellung. Offen ist derzeit noch, welche regulatorischen Maßnahmen für die Zulassung aktualisierter Impfstoffe gelten sollen. Hier gebe es bereits erste Überlegungen zu einer Angleichung der gesetzlichen Regelung, sagte Klaus Cichutek, Leiter des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) in der Gesprächsrunde. Dies sei eine "gute Nachricht". 

In der laufenden Woche werden laut einem Bericht des Portals "Business Insider" mehr als 2,3 Millionen Impfdosen in Deutschland erwartet: 1.080.000 Impfdosen von AstraZeneca, 924.300 von Biontech/Pfizer und 343.200 von Moderna. Auch in den kommenden Wochen dürfte der Nachschub demnach auf hohem Niveau bleiben. Nach Wochen der Impfstoff-Knappheit könnte es damit erstmals zu einem Impf-Rückstau in den Bundesländern kommen. 

Eine Zurückhaltung beim Impfen ist nach Ansicht von Klaus Cichutek auch angesichts der Corona-Mutanten nicht sinnvoll: "Impfen mit den bisherigen Impfstoffen ist immer noch besser als nicht impfen."

Quelle: Science Media Center

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