Kaffee gehört zu den beliebtesten Getränken weltweit. Um das Getränk haben sich zahlreiche Mythen gebildet. Mal soll Kaffee die Gesundheit fördern und ein längeres Leben ermöglichen, dann wieder heißt es, dass Kaffee der Gesundheit schade und sogar Herzrhythmusstörungen auslösen könne. In einem im „New England Journal of Medicine“ veröffentlichten aktuellen Review haben Forschende die Gesundheitseffekte des Kaffees ausgewertet und mit einigen Mythen aufgeräumt.
Vor einigen Jahrzehnten galt Kaffee als ungesund
Welche Annahmen sind richtig, welche sind falsch? Die Wissenschaftler erklären, wie der aktuelle Forschungsstand ist. Kaffee galt in der Vergangenheit als gesundheitsschädlich. Das koffeinhaltige Heißgetränk wurde als potenzieller Auslöser von Herz-Kreislauf-Leiden, Nervenbeschwerden, Stoffwechselstörungen, Fruchtbarkeitsstörungen und sogar Krebs diffamiert. In den letzten Jahren hat jedoch eine Vielzahl von Studien die einzelnen gesundheitlichen Aspekte des Kaffeegenusses genauer untersucht und die Mythen eine nach der anderen widerlegt.
Kaffee nicht gleich Koffein
Bei Kaffee ist es wichtig, zwischen den Wirkungsgraden von Koffein und Kaffee zu entscheiden. Was auf Kaffee zutrifft, muss nicht automatisch auch für Koffein gelten, betonen die Ernährungsforscher um Professor Rob van Dam von der National University of Singapore in dem Review. Wichtig ist, zwischen Kaffee und Koffein zu differenzieren.
Koffein ist gefährlich für die Gesundheit?
Wenn Kaffee gesund ist, ist dann Koffein auch förderlich für die Gesundheit? Wer das meint, irrt. Im Grundsatz macht die Dosis das Gift. “Wer viel Koffein in kurzer Zeit zu sich nimmt, kann Symptome wie Angst, innere Unruhe, Nervosität, Dysphorie, Schlaflosigkeit, Erregung und psychomotorische Agitation erleiden”, schreiben die Forschenden.
Koffein kann tödlich wirken
Solche Beschwerden treten ab Dosen von 1,2 g Koffein oder höher auf. Eine Tasse Espresso beinhaltet etwa 63mg Koffein. Ein Energydrink je nach Produkt etwa 80 mg. Koffein kann sogar tödlich wirken. Ab 10 bis 14 g Koffein besteht Lebensgefahr. Um eine solche Dosis allerdings zu erreichen, müssten Menschen 75 bis 100 Tassen Kaffee in kurzer Zeit konsumieren. Eine tödliche Vergiftung ist nach Meinung der Wissenschaftler daher nahezu ausgeschlossen.
Fachleute warnen allerdings immer wieder vor Koffeingetränke wie Energy Drinks oder Shots. Sind diese mit Alkohol gemixt, kann es gefährlich werden. Berichte über kardiovaskuläre, psychische und neurologische Beschwerden sind hier keine Seltenheit. Selbst Todesfälle kommen in diesem Zusammenhang vor. Insbesondere Kinder und Jugendliche trinken häufig hochdosierte Energy-Drinks. Ausgerechnet junge Menschen sind aber gesundheitlich anfälliger für Nebenwirkungen und Komplikationen.
Müdigkeit mit Kaffee reduzieren?
Koffein im Kaffee kann für eine kurze Zeit die Müdigkeit besiegen. Schlafmangel kann Koffein allerdings nicht kompensieren. „Koffein kann den Leistungsabfall nach länger andauerndem Schlafdefizit nicht kompensieren“, schreiben die Forschenden in ihrer Auswertung. Für einen kurzfristigen Kick könne Koffein durchaus helfen und die Leistungsfähigkeit steigern. “Die Hemmung von Adenosin senkt die Müdigkeit und steigert die Leistungsfähigkeit”, schreiben van Dam und Kollegen. Denn Koffein binde an Adenosin-Rezeptoren, blockiere diese und entfaltet so seine Wirkung.
Schlaflosigkeit durch Kaffee?
Wer Kaffee am späten Nachmittag oder am Abend trinkt, kann durchaus an Schlafmangel leiden. Das Einschlafen wird schwieriger und die Schlafqualität nimmt ab. Die Wirkung ist allerdings individuell und hängt von “Genvarianten des Adenosin-Rezeptors und den koffeinmetabolisierenden Enzyme ab”.
Bluthochdruck durch Kaffee?
Einzelne Studien zeigten, dass regelmäßiges Trinken von Kaffee den Blutdruck nicht beeinflusst. 2003 zog daher das Nationale Herz-, Lungen- und Blutinstitut der USA eine Warnung zurück, nach der Menschen mit hohem Blutdruck nur wenig Kaffee trinken sollten. Eine Studie an immerhin 150.000 Frauen ergab keinerlei Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und hohem Blutdruck. Selbst bei Menschen, die an Bluthochdruck litten, war Kaffee mit keinem Blutdruckanstieg in Verbindung zu setzen.
Doch die Forschenden geben eine Einschränkung vor. Eine Entwarnung könne zwar für Kaffee gelten, nicht jedoch für andere Koffeingetränke. Koffein in Reinform könne sehr wohl einen leichten Anstieg des Blutdrucks verursachen. Bei Kaffee bleibe ein Blutdruckanstieg aus, weil die in Kaffee enthaltenen Substanzen wie Chlorogensäure einem Blutdruckanstieg von Koffein entgegenwirken. Sie wirken demnach dem Anstieg entgegen und gleichen diesen wieder aus.
Erhöht Kaffee den Cholesterinspiegel?
Filterkaffee beeinflusst nicht den Cholesterinspiegel: Um diesen geringfügig zu erhöhen, müssten Menschen Kaffeebohnen oder Kaffeepulver kauen, und das in größeren Mengen. Die Forschenden schreiben, dass es auf die Zubereitung des Kaffees ankomme, ob der Cholesterinspiegel negativ beeinflusst werden kann. Im Kaffee sei Cafestol enthalten. Dieser Stoff erhöhe die LDL-C-Werte. Der Cafestol-Gehalt sei aber nur im ungefilterten Kaffee hoch. Cafestol könne sich negativ auf Lipidstoffwechsel im relevanten Ausmaße auswirken.
Fazit: Filterkaffee kann nicht die LDL-C-Werte erhöhen. Sehr wohl aber Kaffee, der mit French Press, nach Türkischer oder Skandinavischer Art zubereitet wird. In randomisierten Studien lag bei Teilnehmenden, die viel ungefilterten Kaffee (6 Tassen täglich) tranken, der Spiegel um 17,8 mg/dl (0,46 mmol/L) höher, als als bei Probanden, die Filterkaffee konsumierten.
Kann Kaffee zu Herzrhythmusstörungen führen?
Eine große Befürchtung ist bei vielen, dass Kaffee Herzrhythmusstörungen auslösen könnte. Diese Bedenken sind allerdings unbegründet, wie die Forschenden betonen. Im Schnitt seien sechs Tassen Filterkaffee aus kardiovaskulärer Sicht unbedenklich. Das gelte auch, wenn Personen bereits Herzkrank sind. Ein gemäßigter Konsum von drei bis fünf Tassen sei sogar förderlich, um das Risiko von Herzleiden zu senken. Auch die Vermutung, Kaffee könne Vorhofflimmern fördern, habe sich in Studien nicht bestätigt, so das Forschungsteam.
Kaffee trocknet den Körper aus?
Ein weiterer Mythos ist, dass ein hoher Koffein-Konsum zu einer Dehydrierung führt. Zwar wird die Ausscheidung des Urins gefördert. Allerdings zeigte sich in Forschungsarbeiten, dass selbst bei einer längeren Einnahme (≤400 mg/Tag) der Wasserhaushalt des Menschen nicht negativ beeinflusst wird. Daher dementieren die Forschenden den Mythos, dass Kaffee dehydriert.
Ist Kaffee krebserregend?
Vielfach wird behauptet, dass Kaffeekonsum Krebs auslösen könne. Noch in der 1990er Jahren glaubten auch medizinische Fachleute an diesen Mythos. Heute ist der Forschungsstand allerdings ein anderer: „Die Ergebnisse vieler prospektiver Kohortenstudien lieferten starke Evidenz, dass der Konsum von Kaffee mit keinem Anstieg der Krebs-Inzidenz oder einer erhöhten Todesrate durch Krebs assoziiert ist“, schreibt die Froschungsgrupppe.
Kaffee soll im Gegenteil sogar vor Krebsleiden schützen. Einige Studien zeigten, dass mit dem Kaffeekonsum ein geringeres Risiko für Melanome, nicht-melanotische Hauttumore, Brustkrebs und Prostatakarzinome einhergeht. Hinweise hierfür gibt es auch für Endometriumkarzinome und hepatozelluläre Tumore. Kaffee soll zudem auch gut für die Leber sein. Regelmäßiger Konsum kann hepatischen Fibrosen und Zirrhose vorbeugen.
Eine „Coffee and Lipoprotein Metabolism study“ 2005 in den USA kam zu dem Ergebnis: Koffeinkaffee hat keinen negativen Effekt auf Pulsfrequenz, Body-Mass-Index, Blutzuckerspiegel, Insulinmenge und Blutzuckerwerte. Ähnlich wie beim Blutdruck müssen Kaffee und Koffein jedoch isoliert bewertet werden. Der isolierte Konsum von Koffein kann die Insulinsensitivität zumindest kurzfristig reduzieren. Beim Kaffee sieht das allerdings wieder anders aus. In Studien zeigte sich nämlich, dass regelmäßiges Kaffee-Trinken ein geringeres Risiko für die Entwicklung von Diabetes Typ II mit sich bringt. Allerdings war das Ergebnis dosisabhängig.
Hierfür haben die Forschenden zwei Erklärungen. Es könne sein, dass der menschliche Organismus bei regelmäßigen Kaffeekonsum eine Toleranz entwickelt und die Wirkung des Koffeins nachlässt. Es könne aber auch sein, dass Substanzen im Kaffee den Negativeffekten entgegenwirkt. Diese Wirkmechanismen sind allerdings noch nicht ausreichend erforscht, so das Forschungsteam.
Ein Verzicht auf Kaffee kann das Leben verlängern?
Nicht wenige Menschen verzichten auf Kaffee, weil sie meinen, dass dies mit einem längeren Leben assoziiert ist. Nach aktuellem Stand der Forschung stimmt das nicht. Studien zeigten, dass regelmäßiger Konsum von Kaffee sogar das Leben verlängern kann, wenn Menschen zwei bis fünf Tassen pro Tag trinken, so die Forschenden. Allerdings schränkt das Forschungsteam diesen Aspekt ein. Die gesundheitlich fördernden Effekte lassen sich nicht auf Koffein zurückführen und Koffein ohne Kaffee könne eher schädigend wirken.
Angst und Schlaflosigkeit durch Kaffee?
Manche Menschen reagieren zudem sensibler auf Koffein als andere. Betroffene leiden dann unter Angst und geringerer Schlafqualität. „Menschen, bei denen diese Effekte auftreten, sollte geraten werden, die Koffeinzufuhr einzuschränken und eine späte Einnahme am Tag zu vermeiden“, raten die Forschenden. Bei Energydrinks sollten Konsumierende auf eine Höchstdosis von maximal 200 mg achten. Alkohol und Koffein sollten nicht in Kombination getrunken werden, so die Forschungsgruppe.
Kaffee während einer Schwangerschaft
Trinken Frauen während der Schwangerschaft Kaffee, kann der Koffeinmetabolismus verlangsamt werden. Daher kann auch der Koffeinspiegel stark ansteigen. Aus diesem Grund sollten Schwangere nur maximal 200 mg Koffein konsumieren.
Wechselwirkungen von Koffein und Medikamenten
Im medizinischen Alltag sollte darauf geachtet werden, Wechsel- und Nebenwirkungen zu vermeiden. Manche Chinolon-Antibiotika, einige Herzmedikamente, Bronchodilatatoren und Antidepressiva verlangsamen den Abbau von Koffein und erhöhen die Halbwertszeit. Bei einigen Arzneien kann Koffein auch die Wirkung verändern.
Wie viel Tassen Kaffee sind gesund?
Die Autorinnen und Autoren des Reviews empfehlen erwachsenen Menschen eine Koffeinzufuhr von maximal 400 mg täglich. Das entspricht einer Menge von gut sechs Tassen Espresso oder 4 Tassen Filterkaffee. In diesem Zusammenhang weisen die Forschenden darauf hin, dass die Reaktionen des Organismus auf Koffein von Menschen zu Mensch unterschiedlich sind. Auch andere Faktoren, wie zusätzliches Rauchen, können den Gesundheitseffekt schmälern. Denn Rauchen beschleunigt den Koffeinmetabolismus, während orale Kontrazeptiva die Halbwertszeit verdoppeln. (sb)
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